Trauerbegleiter Der Schwabacher Hospizverein gründet eine Trauergruppe, der Lions Club spendet 4500 Euro

SCHWABACH

Was passiert, wenn ein geliebter Mensch stirbt? Die Zurückbleibenden trauern. Aber was ist Trauer? Wer trauert wie? Wie kann man aus ihr heraus und zurück ins Leben finden?

Wenn der alte, kranke Opa lange leiden muss, wirkt der Tod vielleicht gnädig und erlösend für ihn. Aber wenn ein Kind stirbt, wenn ein grausamer Unfall von einer Sekunde auf die andere ein oder gar mehrere Leben auslöscht, oder wenn sich der Partner einfach aus dem Staub gemacht hat…? Der Tod ist eigentlich immer ein mieser Verräter, aber manchmal kommt er besonders gemein daher.

Zurück bleibt dann ein großes schwarzes Loch, oft hilfloses Fragen, immer wieder mit einem „Warum“ oder der ungelenke Versuch, sich festzuhalten, während alles rutscht und fällt und stürzt.

„Trauer ist etwas ganz Persönliches“, sagt Ingrid Kästlen. Und deshalb nicht einfach in Kategorien einteilbar, nicht auf die Schnelle abzuschalten. „Gleichzeitig hat jeder von uns schon Trauer erlebt.“ Liebeskummer, Abschiede von Eltern, engen Freunden, einem Haustier, jeder Verlust bedeutet Trauer … Ingrid Kästlen weiß, wovon sie spricht. Sie ist für den Schwabacher Hospizverein tätig.

Die Hospizarbeit – also das Begleiten sterbender Menschen und ihrer Angehörigen – leisten die Ehrenamtlichen im Hospizverein schon lange. Als selbständiger Verein ist er in Schwabach bereits seit zwölf Jahren aktiv. Aber Trauerarbeit – das ist etwas ganz anderes, weiß Ingrid Kästlen. „Nicht viele trauen sich da ran.“ Eben weil Trauer das Gefühl von Verlust ist, das wir alle schon erlebt und erlitten haben – nicht nur beim Tod eines Menschen, sondern bei jedem Verlust.

Trotzdem trauen sich Ehrenamtliche des Schwabacher Hospizvereins an die Trauerarbeit. In einer einjährigen Fortbildung mit Wochenend- und ganzen Wochenkursen, die für jeden mehr als 4000 Euro kostet, qualifizieren sich die Teilnehmenden bei der „Akademie für Hospizarbeit und Palliativmedizin“ in Nürnberg nach den Qualitätsstands des Bundesverbandes Trauerbegleitung zu zertifizierten Trauerbegleitern. Die gründliche Ausbildung ist notwendig, weil die Teilnehmenden für ihre Arbeit als Trauerbegleiter selbst gefestigt sein und genügend Abstand zum jeweiligen „Fall“ haben müssen, sich also selbst gut kennenlernen müssen. Und weil sie in ihrer ehrenamtlichen Arbeit viel Verantwortung tragen – „die Fälle sind meistens komplex“, verrät Kästlen. Allein im Jahr 2023 haben die Ehrenamtlichen des Schwabacher Hospizvereins rund 20 Trauernde begleitet. Jetzt haben fünf Trauerbegleiterinnen und -begleiter zusätzlich eine Trauergruppe gegründet. 

„Die Gruppe bedeutet ein weiteres Angebot“, kündigt Ingrid Kästlen an. Denn damit werden Betroffene in ihrem Schmerz nicht nur individuell begleitet, sondern die „Trauerarbeit“ wird mit einem eigens entwickelten Konzept gemeinsam angegangen. Zehn Treffen sind dafür geplant, zunächst wöchentlich, später eventuell in größer werdenden Abständen.

Die zehn Abende bauen aufeinander auf. Zunächst geht es laut Kästlen darum, die eigene Trauer zu verstehen, anzunehmen und auszudrücken. Dann werden die Veränderungen von Strukturen besprochen. Kästlen: „Wenn zum Beispiel der Patriarch der Familie verstorben ist, ändern sich alle Rollen und die Systematik in der Familie, auch der Verstorbene bekommt einen neuen Platz.“

Es geht um Stress und seine Bewältigung, um Jahrestage und Gedenken, schließlich um Unterstützungssysteme, die man „anzapfen“ kann, aber auch um das Neusortieren von eigenen Netzwerken.

Die Gruppentreffen bietet man in den Räumen des Vereins im Gesundheitszentrum des Schwabacher Krankenhauses an. Trotzdem ist einiges an Material nötig: Flipchart und Pinnwand, Karten und Stifte, Bildersets und Kerzen, ein Praxisbuch und Klemmbretter. Außerdem müssen Supervision und weitere Fortbildungsmaßnahmen eingeplant werden, „um die Qualität unserer ehrenamtlichen Tätigkeit weiter zu erhöhen“, wie die Trauerbegleiter den finanziellen Bedarf begründen. Denn im Gegensatz zur Hospizarbeit, die von Krankenkassen bezuschusst wird, ist die Trauerbegleitung zu 100 Prozent auf Spendengeld angewiesen.

Auf offene Ohren sind sie mit dem Wunsch nach Hilfe bereits gestoßen. Der Lions Club Schwabach spendet dem Verein 4500 Euro. Damit kann die Gruppe gut ausgestattet starten.

CAROLA SCHERBEL

Info: Ansprechpartner für Betroffene ist der Hospizverein Schwabach im Gelenius-Haus am Schwabacher Krankenhaus, Regelsbacher Straße 9, Telefon (09122) 8878751. Die Einsatzleitung ist erreichbar unter (0163) 4419234.


Foto Übergabe Spendenscheck (v.l. Birgit Brückner, Julia Strahler, Peter Renner, Martina Ehrhardt, Jürgen Orth und vom Lions Club Präsident Dr. Stephan Brückner mit dem Spendenscheck)