So einen Ort sollte es geben: Wo Menschen jeden Alters, jeder Religion, egal aus welcher sozialen, nationalen oder sonstigen Schicht und Herkunft zusammenkommen, sich treffen, begegnen, austauschen.

Alles unter einem Dach: Im „Haus der Begegnungen“ in Schwabach ist der Wunsch längst Wirklichkeit geworden. In dem großen, stilvoll restaurierten Gebäude Auf der Aich direkt in der Schwabacher Altstadt gibt es seit 2021 fast ununterbrochen Begegnungen – mit täglichen Angeboten und Veranstaltungen, meist mehreren am Tag: Asyl-Café und Digitalberatung, Bandura-Unterricht und Ehrenamts-Treff, Sitzungen von Vereinsvorständen, Get together der Helfer oder gemeinsames Essen der Tafel. „Es ist immer was los“, sagt Dr. Rezarta Reimann, die Geschäftsführerin des Hauses. Ein Traum wurde wahr, so sieht sie es, als plötzlich Geld da war für die Idee. Im Jahr 2015, in der Zeit großer Flüchtlingsbewegungen, gründete der Schwabacher Unternehmer Bernd-Dieter Jesinghausen die Integrationsstiftung. Sein Ziel: Integration und Zusammenhalt sollen Eckpfeiler einer stabilen, humanen Bürgergesellschaft in Schwabach sein. Mit der beträchtlichen Summe von einer Million Euro stattete er die Stiftung aus, unter dem Dach des Fördervereins für Integrationsarbeit wurde 2021 das Haus angemietet. Seitdem dient es als Beratungs- und Bildungsstätte. Chancengleichheit, Demokratieförderung, Vielfalt, Integration und Inklusion heißen die Überbegriffe.

Da zeigt die Frauenkommission einen Film über Frauenrechte in der DDR, da bietet das Asylcafé Deutschunterricht an, da tagt das Quartiersmanagement oder es trifft sich der Runde Tisch Inklusion. Trotz der intensiv genutzten Buchungen und des gut gefüllten Kalenders freut sich Dr. Rezarta Reimann immer über neue Initiativen und Ideen. Derzeit hängen im großen Veranstaltungsraum im Erdgeschoss farbenfrohe Gemälde an der Wand, ukrainische Kinder haben sie gemalt. Fotoausstellungen finden hier immer wieder Platz, für die jüngsten Ausgaben der Ortung bot das Haus seinen Raum ebenfalls als Galerie an. Begegnungen sind dabei immer beabsichtigt und gewollt. So geht Integration: Einheimische und Auswärtige, Alte und Junge, arme und reiche Menschen sollen sich treffen, austauschen, voneinander profitieren, wünschen sich die Integrationsstiftung und der Förderverein. Genau darum geht es auch dem Lions Club Schwabach: Die Menschen in Schwabach integrieren, die nicht alle Möglichkeiten haben, sich selbst zu helfen.

Deshalb war der Lions Club neugierig auf die Arbeit im Haus der Begegnungen. Zusammen mit Präsident Sascha Spahic schauten sich die Mitglieder in den Veranstaltungs-, Konferenz- und Unterrichtsräumen samt Küche und Café um, voller Bewunderung für die engagierte Arbeit. „Ein ganzes Team“, so betonte Dr. Reimann immer wieder, sei hier aktiv, mit Leidenschaft und vielen Ideen. So kann jede und jeder kommen, wenn am Dienstag „Digital für alle“ angeboten wird – keine Ahnung von den Tücken des Smartphones? Kein Problem, die Mittelschüler und ihre Mentoren sind zum Erklären da. Lust auf Instrumental-Unterricht? Eine Musikerin, die im staatlichen Orchester in Kiew Bandura gespielt hat, gibt ihr Wissen jetzt in Schwabach weiter – gratis. Keine privaten, keine gewerblichen Angebote! So lautet das Credo im Haus der Begegnungen, das macht die Geschäftsführerin allen klar, die hier Kurse oder Treffen veranstalten wollen. "Damit könnten wir Geld verdienen", berichtet sie.

Aber das Haus der Begegnungen soll stets frei und unabhängig bleiben, auch Parteien müssen draußen bleiben. Finanzielle Unterstützung kommt weder vom Bund noch vom Land oder der Kommune. Allein durch das (sich verbrauchende) Stiftungskapital und Spenden finanziert man sich. Das Geld des großherzigen Stifters Jesinghausen, der im Jahr 2020 verstorben ist, reicht jetzt noch etwa sieben Jahre, verrät Reimann. Was danach aus dem Haus wird? „Ich weiß es nicht“, sagt Rezarta Reimann. Aber sie bleibt – wie immer – zuversichtlich: „Vielleicht findet sich ja ein nächster Stifter, oder die Stadt Schwabach steigt ein …“ Bis dahin hofft sie auf immer neue Begegnungen in dem schönen Haus auf der Aich. Und hat auch schon wieder eine Idee: Als Sascha Spahic ihr das Kochbuch einer herzkranken Frau aus Linz mit dem Titel „Herzgenuss“ überreichte, kündigte sie für den nächsten Treff der Mitarbeitenden an, dass „wir auf jeden Fall eines dieser Rezepte zusammen kochen“.

Carola Scherbel